Was ist PrEP und wie funktioniert sie?
PrEP steht für Präexpositionsprophylaxe und ist eine hochwirksame Methode, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen. Menschen ohne HIV nehmen dabei vorbeugend ein Medikament ein, das die Vermehrung von HI-Viren im Körper verhindert. Bei korrekter Anwendung bietet PrEP einen Schutz von mehr als 99 Prozent vor HIV.
Das Medikament enthält die Wirkstoffe Tenofovir und Emtricitabin, die auch in der Therapie von Menschen mit HIV eingesetzt werden. Diese Wirkstoffe blockieren ein wichtiges Enzym, das die HI-Viren zur Vermehrung benötigen. Gelangt HIV in den Körper, kann es sich durch die PrEP nicht ausbreiten und die Infektion wird verhindert.
PrEP ist nicht zu verwechseln mit der PEP (Postexpositionsprophylaxe), die nach einem möglichen HIV-Kontakt eingenommen wird. PrEP wird vorbeugend eingenommen, bevor es zu einer Risikosituation kommt.
Für wen ist PrEP geeignet?
PrEP richtet sich an Menschen, die ein erhöhtes Risiko für eine HIV-Infektion haben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und deutsche Fachgesellschaften empfehlen PrEP insbesondere für folgende Personengruppen:
Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnerinnen und Sexualpartnern: Wer regelmäßig neue sexuelle Kontakte hat und nicht durchgängig Kondome verwendet, kann von PrEP profitieren. Dies gilt besonders für sexuell aktive schwule und bisexuelle Männer sowie trans Personen, da in diesen Gruppen die HIV-Prävalenz statistisch höher ist.
Menschen, die selten oder nie Kondome benutzen: Wenn die Verwendung von Kondomen aus verschiedenen Gründen schwierig oder unerwünscht ist, bietet PrEP eine Alternative zum Schutz vor HIV.
Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter: Aufgrund der häufigen sexuellen Kontakte und nicht immer kontrollierbaren Bedingungen ist das HIV-Risiko in der Sexarbeit erhöht. PrEP kann hier zusätzliche Sicherheit bieten.
Partnerinnen und Partner von Menschen mit HIV: Wenn die Partnerin oder der Partner mit HIV keine wirksame HIV-Therapie erhält oder die Viruslast noch nicht unter der Nachweisgrenze liegt, kann PrEP das Übertragungsrisiko deutlich senken.
Personen nach kürzlichen STI-Diagnosen: Wer in den vergangenen Monaten eine sexuell übertragbare Infektion hatte, zeigt damit ein erhöhtes Risikoverhalten. PrEP kann in solchen Fällen sinnvoll sein.
Grundsätzlich gilt: Jede Person, die ein persönliches HIV-Risiko sieht und sich schützen möchte, kann mit einer Ärztin oder einem Arzt über PrEP sprechen. Es gibt keine Altersbeschränkung nach oben, auch ältere Erwachsene können PrEP nutzen.
Wie wird PrEP eingenommen?
Es gibt zwei verschiedene Einnahmemöglichkeiten für PrEP, die beide effektiv sind:
Tägliche PrEP: Die häufigste Methode ist die tägliche Einnahme einer Tablette zur selben Tageszeit. Nach etwa 7 Tagen täglicher Einnahme ist der volle Schutz erreicht. Diese Methode eignet sich besonders für Menschen, die regelmäßig sexuell aktiv sind.
Anlassbezogene PrEP (On-Demand oder 2-1-1): Hierbei wird PrEP nur rund um sexuelle Aktivitäten eingenommen. Das Schema lautet: 2 Tabletten 2 bis 24 Stunden vor dem Sex, 1 Tablette 24 Stunden nach der ersten Dosis und 1 weitere Tablette 48 Stunden nach der ersten Dosis. Diese Methode wurde bisher hauptsächlich für sexuelle Kontakte zwischen Männern untersucht und ist für vaginalen Sex noch nicht ausreichend erforscht.
Wichtig ist: PrEP muss zuverlässig eingenommen werden, um die volle Schutzwirkung zu entfalten. Vergessene Tabletten können die Wirksamkeit deutlich reduzieren. Es empfiehlt sich, die Einnahme fest in den Tagesablauf zu integrieren, etwa mit einer Erinnerungsfunktion im Smartphone.
Wie bekomme ich PrEP in Deutschland?
PrEP ist verschreibungspflichtig und kann nur nach ärztlicher Verordnung in der Apotheke erworben werden. Der Weg zur PrEP läuft folgendermaßen ab:
Schritt 1: Ärztliche Beratung: Zunächst vereinbarst du einen Termin bei einer Ärztin oder einem Arzt mit Erfahrung in der HIV-Prävention. Das können Hausärztinnen und Hausärzte, HIV-Schwerpunktpraxen, Praxen für Infektionsmedizin oder spezialisierte Beratungsstellen sein. In vielen größeren Städten gibt es auch spezielle PrEP-Checkpoints.
Schritt 2: Medizinische Untersuchung: Vor der ersten Verschreibung wird ein HIV-Test durchgeführt, um sicherzustellen, dass keine HIV-Infektion vorliegt. Außerdem werden die Nierenfunktion überprüft und Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen durchgeführt. Diese Voruntersuchungen sind wichtig für die sichere Anwendung von PrEP.
Schritt 3: Rezept und Medikament: Nach der Untersuchung erhältst du ein Rezept für PrEP, das du in jeder Apotheke einlösen kannst. In Deutschland sind verschiedene Generika mit den Wirkstoffen Tenofovir und Emtricitabin verfügbar.
Schritt 4: Regelmäßige Kontrollen: Alle drei Monate sollten Kontrolluntersuchungen stattfinden. Dabei werden erneut ein HIV-Test, Nierenwerte und Tests auf andere STIs durchgeführt. Diese Kontrollen sind wichtig, um die Verträglichkeit zu überwachen und Infektionen frühzeitig zu erkennen.
Anlaufstellen für PrEP findest du über die Deutsche Aidshilfe, lokale Aidshilfen, Gesundheitsämter oder spezialisierte Arztpraxen. Viele Checkpoints bieten auch anonyme Beratung an.
Was kostet PrEP und wer zahlt?
Seit September 2019 gehört PrEP in Deutschland zur Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen. Das bedeutet:
Kostenübernahme durch die Krankenkasse: Wenn eine medizinische Indikation vorliegt und PrEP ärztlich verordnet wird, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für das Medikament sowie die notwendigen Begleituntersuchungen. Die Indikation liegt vor, wenn ein erhöhtes HIV-Risiko besteht.
Rezeptgebühr: Du zahlst lediglich die übliche Rezeptgebühr von 5 bis 10 Euro pro verschriebener Packung, maximal aber 10 Euro pro Quartal für alle Medikamente zusammen.
Private Krankenversicherung: Auch viele private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten für PrEP, allerdings sollte dies vorab individuell geklärt werden.
Selbstzahler: Wer PrEP ohne Kassenrezept kaufen möchte, zahlt je nach Präparat etwa 40 bis 70 Euro pro Monat. Hinzu kommen die Kosten für die Voruntersuchungen und Kontrollen.
Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse hat die Verfügbarkeit von PrEP in Deutschland deutlich verbessert und ermöglicht vielen Menschen einen bezahlbaren Zugang zu dieser wichtigen Präventionsmethode.
Welche Nebenwirkungen hat PrEP?
PrEP wird von den meisten Menschen gut vertragen. Dennoch können wie bei jedem Medikament Nebenwirkungen auftreten:
Häufige Nebenwirkungen in den ersten Wochen: Zu Beginn der Einnahme berichten manche Personen von leichten Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall. Auch Kopfschmerzen und Müdigkeit können vorkommen. Diese Beschwerden klingen meist nach wenigen Wochen von selbst ab.
Nierenfunktion: In seltenen Fällen kann PrEP die Nierenfunktion beeinträchtigen. Deshalb werden die Nierenwerte bei den regelmäßigen Kontrollen überwacht. Bei vorbestehenden Nierenproblemen muss PrEP besonders sorgfältig eingesetzt werden.
Knochendichte: Bei langfristiger Einnahme kann es zu einer leichten Verringerung der Knochendichte kommen. Für die meisten Menschen ist dies nicht problematisch, aber bei bereits bestehender Osteoporose sollte dies berücksichtigt werden.
Wechselwirkungen: PrEP kann mit anderen Medikamenten Wechselwirkungen haben. Informiere deine Ärztin oder deinen Arzt über alle Medikamente, die du einnimmst, einschließlich rezeptfreier Präparate und Nahrungsergänzungsmittel.
Die regelmäßigen Kontrollen alle drei Monate dienen auch dazu, mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Bei auftretenden Beschwerden solltest du dich nicht scheuen, zwischen den regulären Terminen Kontakt mit deiner Ärztin oder deinem Arzt aufzunehmen.
Schützt PrEP auch vor anderen Geschlechtskrankheiten?
Nein, PrEP schützt ausschließlich vor HIV. Andere sexuell übertragbare Infektionen wie Chlamydien, Gonorrhoe (Tripper), Syphilis, Hepatitis B und C oder HPV werden durch PrEP nicht verhindert. Dieser Punkt ist besonders wichtig zu verstehen:
Warum PrEP nur vor HIV schützt: Die Wirkstoffe in PrEP blockieren gezielt die Vermehrung von HI-Viren. Andere Erreger von Geschlechtskrankheiten haben völlig andere Vermehrungsmechanismen und werden durch PrEP nicht beeinflusst.
Kondome bieten zusätzlichen Schutz: Die Kombination von PrEP und Kondomen bietet den bestmöglichen Schutz. PrEP deckt das HIV-Risiko ab, Kondome schützen zusätzlich vor anderen STIs. Wer PrEP nimmt und auf Kondome verzichtet, sollte sich des erhöhten Risikos für andere Infektionen bewusst sein.
Regelmäßige STI-Tests sind wichtig: Da PrEP-Nutzerinnen und PrEP-Nutzer oft ein erhöhtes Risiko für sexuell übertragbare Infektionen haben, werden bei den Kontrollterminen alle drei Monate auch Tests auf Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis durchgeführt. Früherkennung ist wichtig, da viele STIs symptomlos verlaufen können.
Impfungen nutzen: Gegen Hepatitis A und B sowie HPV gibt es wirksame Impfungen. Wenn du PrEP in Erwägung ziehst, lass dich auch zu diesen Impfungen beraten.
Die Entscheidung, wie du dich schützt, liegt bei dir. Wichtig ist, dass du informiert entscheidest und deinen Schutz an deine Lebensumstände anpasst.
PrEP und HIV-positive Partnerinnen oder Partner
Wenn deine Partnerin oder dein Partner HIV-positiv ist, gibt es verschiedene Schutzmöglichkeiten. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine erfolgreiche HIV-Therapie das Übertragungsrisiko auf nahezu null reduziert:
Schutz durch Therapie: Menschen mit HIV, die eine wirksame antiretrovirale Therapie erhalten und deren Viruslast seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze liegt, können HIV sexuell nicht übertragen. Dieses Prinzip wird als “Schutz durch Therapie” oder “U=U” (undetectable equals untransmittable) bezeichnet.
Wann ist PrEP trotzdem sinnvoll: PrEP kann zusätzliche Sicherheit geben, wenn die Therapie der Partnerin oder des Partners noch nicht stabil ist, die Viruslast noch nachweisbar ist oder wenn Unsicherheit besteht. Manche Paare entscheiden sich auch aus persönlichen Gründen für PrEP, um sich zusätzlich abzusichern.
Offene Kommunikation: In serodiskordanten Beziehungen (ein Partner HIV-positiv, der andere HIV-negativ) ist offene Kommunikation über Therapietreue, Viruslast und Schutzmethoden wichtig. PrEP kann in dieser Situation auch eine psychologische Entlastung bieten.
Beratung für Paare: Viele HIV-Schwerpunktpraxen und Beratungsstellen bieten spezielle Paarberatungen an. Dort könnt ihr gemeinsam besprechen, welche Schutzstrategie für eure Situation am besten geeignet ist.
Häufige Fragen und Mythen rund um PrEP
“Macht PrEP anfällig für andere Krankheiten?” Nein, PrEP schwächt das Immunsystem nicht. Die Medikamente wirken gezielt gegen HIV und haben keinen Einfluss auf die allgemeine Abwehrkraft des Körpers.
“Kann ich durch PrEP resistent gegen HIV werden?” Resistenzen können nur bei Menschen entstehen, die bereits HIV-positiv sind und PrEP einnehmen, ohne es zu wissen. Deshalb ist der HIV-Test vor Beginn und die regelmäßigen Kontrollen so wichtig. Bei korrekter Anwendung entwickeln HIV-negative Personen keine Resistenzen.
“Kann ich PrEP einfach absetzen?” Ja, PrEP kann jederzeit abgesetzt werden. Es gibt keine Entzugserscheinungen oder langfristigen negativen Folgen beim Absetzen. Wichtig ist nur, dass nach der letzten Tablette noch für einige Tage Schutz besteht, aber kein langfristiger Schutz mehr vorhanden ist.
“Ist PrEP nur für bestimmte Gruppen gedacht?” Nein, PrEP ist für alle Menschen geeignet, die ein erhöhtes HIV-Risiko haben. Es gibt keine Beschränkung auf bestimmte sexuelle Orientierungen, Geschlechter oder Altersgruppen.
“Verliere ich die Motivation, Kondome zu benutzen?” Studien zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Manche Menschen verwenden nach Beginn von PrEP seltener Kondome, andere behalten ihre Gewohnheiten bei. Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass PrEP nur vor HIV schützt und eine informierte Entscheidung über andere Schutzmethoden zu treffen.
Fazit: PrEP als Teil moderner HIV-Prävention
PrEP ist eine hochwirksame, sichere und gut verträgliche Methode, um sich vor HIV zu schützen. Sie ergänzt die klassische Prävention mit Kondomen und bietet Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko eine zusätzliche Schutzmöglichkeit. Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen hat PrEP in Deutschland für viele Menschen zugänglich gemacht.
Ob PrEP für dich die richtige Wahl ist, hängt von deiner individuellen Lebenssituation, deinem Sexualleben und deinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis ab. Wichtig ist, dass du dich umfassend informierst und mit einer Ärztin oder einem Arzt über deine Möglichkeiten sprichst.
PrEP sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil eines umfassenden Schutzkonzepts: Regelmäßige Tests auf sexuell übertragbare Infektionen, Impfungen gegen Hepatitis und HPV, und je nach Situation die Verwendung von Kondomen ergänzen PrEP zu einem wirksamen Gesamtschutz.
Die Entscheidung für oder gegen PrEP ist eine persönliche Entscheidung, die auf Wissen und individuellen Bedürfnissen basieren sollte. Lass dich beraten, informiere dich und finde heraus, welche Präventionsstrategie am besten zu deinem Leben passt. Deine sexuelle Gesundheit liegt in deinen Händen.



